Die Aufgaben des Schiedsamts nehmen Schiedsfrauen und -männer (Schiedspersonen) wahr, die vom Rat der Gemeinde auf die Dauer von fünf Jahren gewählt werden. In Privatklagesachen, bei denen die Staatsanwaltschaft Anklage nur bei einem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung erhebt (Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, leichte Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung, Bedrohung sowie Sachbeschädigung), muss erst die Schiedsperson angerufen werden, bevor man sich an das Gericht wenden kann. Auch für eine Reihe von bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten ist ein außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren vorgeschrieben (obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung). Bei diesen Streitigkeiten ist eine Klage nur dann zulässig, wenn vorher versucht worden ist, in einem solchen Verfahren den Streit einvernehmlich beizulegen. Darüber hinaus stehen die Schiedsämter auch für andere als die vorgenannten bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten zur Verfügung, in denen ein außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren nicht vorgeschrieben ist (siehe Faltblatt Schiedsamtsbroschuere. Was Sie über das Schiedsamt wissen sollten).

Vertragen ist besser als klagen

Ablauf einer Schlichtung:

Der Antrag, eine Schlichtungsverhandlung durchzuführen, kann schriftlich oder mündlich bei der örtlich zuständigen Schiedsperson gestellt werden. Sie benötigen hierfür Vornamen, Namen und die Anschrift der Gegenpartei, mit der Sie Ihren Streit schlichten wollen. Aus Ihrem Antrag soll sich der genaue Anlass des Streites und das von Ihnen angestrebte Ziel der Schlichtung ergeben. Mit Antragstellung wird die Zahlung eines Vorschusses fällig.

Vorrausszahlung:

Wer einen Schlichtungsantrag einreicht, muss einen Vorschuss zahlen, der die voraussichtlich entstehenden Kosten abdeckt. Dieser beträgt etwa 50 bis 100 Euro.

Kann die antragstellende Partei Mittellosigkeit nachweisen, kann die Schiedsperson auf die Gebühren und Auslagen ganz oder teilweise verzichten. So ist sichergestellt, dass auch nicht ausreichend finanzkräftige Antragsteller keine Nachteile erleiden.

Verhandlung:

Zur Schlichtungsverhandlung werden alle am Konflikt beteiligten Parteien persönlich geladen. Unentschuldigtes Fernbleiben kann möglicherweise mit einem Ordnungsgeld geahndet werden.

Die Verhandlung findet nicht öffentlich statt. Die Schiedsperson ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Die Verhandlung wird von der Schiedsperson mit dem Ziel geführt, eine gütliche Einigung der Parteien zu erreichen. Dabei ist immer ein gegenseitiges Entgegenkommen notwendig.

 Vergleich:

Ein abgeschlossener Vergleich, eine beiderseits akzeptierte Vereinbarung beendet den Streit.

Die im Vergleich übernommenen Verpflichtungen können – wie aus einem Urteil – dreißig Jahre lang vollstreckt werden. Ein vor der Schiedsperson abgeschlossener Vergleich ist damit ein sogenannter „vollstreckbarer Titel“ nach § 794 der Zivilprozessordnung.

Beide Seiten tragen mit dem Abschluss eines Vergleichs zur Einigung bei. Weil es bei einem Vergleich keinen Sieger und keinen Besiegten gibt, ist ein Vergleich oftmals befriedender als ein Urteil.

Erfolglosigkeit des Schlichtungsverfahrens:

Die Schiedsperson kann kein „Urteil“ fällen, sondern nur versuchen, die Parteien friedlich und gütlich zu einigen. Bleibt die Schlichtung erfolglos, erhält der Antragsteller hierüber

  • bei Strafsachen eine Sühnebescheinigung
  • bei Zivilsachen in Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein eine Erfolglosigkeitsbescheinigung.

In diesen Bundesländern ist erst mit einer solchen Bescheinigung der Weg für die Klage vor dem Amtsgericht frei. Sie muss beim Einreichen der Klage dem Gericht vorgelegt werden.

Kosten der Schlichtung:

Schlichtungsverfahren sind kostengünstig. Die Kosten der Verhandlung, eines Vergleichs und der Auslagen übersteigen nur selten 50 Euro. Die Beteiligten können sich diese Kosten teilen.

Den eigenen Aufwand der Rechtsverfolgung – etwa eine anwaltliche Hilfe oder die Kosten eines Gutachtens – muss allerdings jeder selbst tragen.

 

Vorteile einer Schlichtung:

Haben sich die Parteien bei der Schiedsperson gütlich geeinigt und einen Vergleich abgeschlossen, ist der Streit beigelegt.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Eine Schlichtung ist auf Vergleich und Einigung angelegt, was vor allem in Nachbarschaftsstreitigkeiten das weitere Zusammenleben in der Regel verbessert.
  • Im Rahmen einer freiwilligen und raschen Konfliktlösung können Antragsteller und Antragsgegner viel Zeit, Geld und Nerven sparen.
  • Das Kostenrisiko ist gering.
  • Eine erfolglose Schlichtung verbaut nicht den Klageweg.

Zuständigkeiten:

 Bei der Zuständigkeit der Schiedsämter und Schiedsstellen wird unterschieden zwischen der

  • örtlichen Zuständigkeit und der
  • sachlichen Zuständigkeit.

Bei der sachlichen Zuständigkeit geht es um

  • Zivilrecht, zu dem auch das Nachbarrecht gehört und
  • bestimmte strafrechtliche Auseinandersetzungen.

Die Schiedsperson muss dabei prüfen, ob ein Schlichtungsversuch vor einer möglichen Gerichtsverhandlung obligatorisch ist oder freiwillig als aussichtsreicher Einigungsversuch unternommen werden kann.

Örtliche Zuständigkeit:

Örtlich zuständig ist immer das Schiedsamt oder die Schiedsstelle am Wohnsitz oder Geschäftssitz des Antragsgegners

 Name, Adresse sowie Telefonnummer der zuständigen Schiedsperson erfahren Sie bei der dortigen Gemeinde oder Stadtverwaltung, beim örtlichen Amtsgericht oder bei der Polizei.

Oder direkt hier: Schiedspersonensuche

Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten:

Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten sind Ansprüche, bei denen es um die Zahlung von Geld geht, oder es sich um eine in Geld schätzbare Leistung handelt. Dies sind Streitigkeiten des täglichen Lebens, z.B.: bei Auseinandersetzungen um Geldforderungen, etwa aus Verträgen über den Kauf von Sachen oder mit Handwerkern. Ebenso bei vielen Unstimmigkeiten, die sich aus dem Zusammenleben ergeben können. Streitigkeiten zwischen Mietern oder zwischen Mieter und Vermieter gehören ebenso dazu.

Obligatorische Streitschlichtung

Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung § 15a

Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer Schiedsstelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. Die Bundesländer Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben das Gesetz umgesetzt.

  1. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt,
  2. in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 910, 911, 923 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie nach den landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne des Artikels 124 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
  3. in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind,
  4. in Streitigkeiten über Ansprüche nach Abschnitt 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Der Kläger hat eine von der Schiedsperson ausgestellte Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch mit der Klage einzureichen. Diese Bescheinigung ist ihm auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei Monaten das von ihm beantragte Einigungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.

Sachliche Zuständigkeit im Strafrecht

Bei

  • Beleidigung
  • Körperverletzung
  • Sachbeschädigung
  • Hausfriedensbruch
  • Bedrohung und
  • Verletzung des Briefgeheimnisses sowie bei
  • Rauschtaten (§ 323 a StGB) im Zusammenhang mit den vorgenannten Delikten

muss zunächst ein Schlichtungsversuch vor dem Schiedsamt oder der Schiedsstelle unternommen werden. 

Selbst eine erfolglose Schlichtung kann somit eine wichtige Voraussetzung für das weitere Vorgehen sein.

Erst wenn dieser Versuch erfolglos bleibt und die Sühnebescheinigung ausgestellt worden ist, kann man bei Privatklagedelikten vor Gericht klagen.

Vollstreckbarer Titel:

Wird eine vor der Schiedsperson im Vergleich eingegangene Verpflichtung von einer der Parteien nicht eingehalten, kann die gegnerische Seite hieraus 30 Jahre lang die Zwangsvollstreckung betreiben.

Zur Vollstreckung muss die betreffende Partei bei der Schiedsperson einen Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung des Vergleiches stellen. Der Inhalt dieser Ausfertigung wird beim zuständigen Amtsgericht dann für vollstreckbar erklärt und mit einer Vollstreckungsklausel versehen.

Aus diesem „vollstreckbaren Titel“ kann nun u.a. über den Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung betrieben werden

Gesellschaftlicher Wert:

Bei den hohen Schlichtungsquoten der Schiedspersonen hat die nach der Zivilprozessordnung und Landesgesetzen vorgeschriebene obligatorische Schlichtung zu einer erheblichen Entlastung der Justiz und ihrer Haushalte geführt.

Damit ist die Institution der Schiedsämter und Schiedsstellen in bereits 12 der 16 Bundesländer eine bedeutende Einrichtung vorgerichtlicher Konfliktlösung und Streitschlichtung. Mehr noch: Sie fördert die gesellschaftliche Streitkultur und trägt dazu bei, in vielen Fällen Rechtsfrieden nachhaltig herzustellen.

 Quelle:

Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. Prümerstraße 2, 44787 Bochum